Grundsätzlich sind Kryptowährungen nach herrschender Meinung als Wirtschaftsgüter einzustufen,[36] welche bei Verkauf ein Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 EStG verursachen. Für die Prüfung eines steuerpflichtigen Vorgangs im Sinn des § 23 EStG bedarf es allerdings weitergehender Voraussetzungen. So muss neben einer Veräußerung des Wirtschaftsguts auch eine steuerlich wirksame Anschaffung desgleichen vorgelegen haben. Entscheidend ist hierbei, dass die durch Staking erhaltenen Wirtschaftsgüter durch eigene Leistung erzeugt wurden und damit ein entgeltlicher Erwerb nicht gegeben ist. Das Besteuerungsmerkmal der privaten Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG erfordert jedoch explizit einen entgeltlichen Anschaffungsvorgang. [[37]] Da dieser im Bereich des Staking nicht identifiziert werden kann, sollten etwaige Kursgewinne bei einem Verkauf regelmäßig nicht steuerbar sein. Kursverluste die durch die Veräußerung von Coins realisiert werden, die ursprünglich aus einer Stakingtätigkeit zugeflossen sind bleiben folgerichtig ebenfalls steuerlich unberücksichtigt. [38]
Oft diskutiert wird eine etwaige Verlängerung der Spekulationsfrist, wenn durch Staking neue Coins zufließen. Gemäß § 23 EStG stellen Verkäufe von privaten Wirtschaftsgütern nur ein privates Veräußerungsgeschäft dar, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr liegt. Falls durch das Wirtschaftsgut in zumindest einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich die Haltefrist gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 EStG auf 10 Jahre. Eine Verzehnfachung der Haltefrist hätte enorme Auswirkungen auf das Anlageverhalten, steuerfreie Gewinne in einem derzeit noch sehr neuen und volatilen Markt wären nicht planbar. Das PoS-Verfahren würde somit zumindest in Deutschland weniger Interesse erfahren.
Die Einführung der Haltefristverlängerung lässt sich auf das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 zurückführen. Die Verlängerung wurde aufgrund von Steuersparmodellen – sog. Containerleasingmodellen – eingeführt, um neben Mieteinnahmen steuerfreie Veräußerungen von Containern zu vermeiden. Die teleologische Normauslegung des Gesetzesentwurfs zeigt, dass die Haltefristverlängerung bisher nicht auf Einkünfte aus der Betätigung an Konsensalgorithmen wie PoS übertragbar ist.
Weiterhin können Einkünfte durch Staking für diese Zwecke mit Zinsen verglichen werden. Da die erhaltenen Block-Rewards und Transaktionskosten Vergütungen für die zur Verfügung gestellten Coins sind, werden die Einkünfte nicht durch das Wirtschaftsgut an sich erzielt. Das Bayerische Landesamt für Steuern vertritt diese Auffassung für Fremdwährungsdarlehen. [[39]]Die erhaltenen Zinsen, welche als Einkünfte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 EStG in Betracht kommen, stammen nicht aus dem Wirtschaftsgut Fremdwährung sondern resultieren vielmehr aus der auf Fremdwährung lautenden Kapitalforderung. Kryptowährungen, welche rechtlich keine Fremdwährung darstellen, aber durchaus mit ihnen vergleichbar sind, [[40]]sind ebenfalls als selbstständiges Wirtschaftsgut zu deklarieren. Vom Wirtschaftsgut abzugrenzen ist die Darlehensforderung, die entsteht, sobald der Steuerpflichtige Fremdwährungsguthaben als Festgeld anlegt. [[41]] Im Kontext des Stakings könnte die Hinterlegung der Coins im System sinnwahrend als abzugrenzende Forderung ggü. dem dezentralen Netzwerk, auf Grundlage von Vertragsbedingungen in der Blockchain Codebasis, darstellen. Die Zinsen die der Steuerpflichtige für sein Fremdwährungsguthaben erhält, sind Ausfluss der Kapitalforderung und nicht des selbstständigen Wirtschaftsgutes, womit eine Haltefristverlängerung nicht in Betracht kommt. Im Falle des Staking kann die temporäre Hingabe der Coins auch als Forderung gewertet werden, der Ausfluss entsteht durch das Bestätigen von Transaktionen und Finden von Blöcken und nicht durch das Wirtschaftsgut Kryptowährung. Zu beachten ist jedoch, dass die Legaldefinition der Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 nicht erfüllt ist, und die analoge Behandlung noch durch keine Rechtsprechung bestätigt wurde. Die Abgrenzung dürfte aber indes begründet sein, da lediglich die Abgrenzung zum selbstständigen Wirtschaftsgut im Vordergrund steht, unabhängig davon ob es sich um Fremdwährung, Kapitalforderungen oder Alternativwährungen handelt.